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junge welt 22.2.13 -- Streik bei Neupack geht weiter - Hinhaltetaktik des Arbeitgebers

22. Februar 2013 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #soziale Gerechtigkeit - gewerkschaftliche Kämpfe

Streik bei Neupack fortgesetzt – Arbeitgeber hält an Hinhaltetaktik fest

von Patrik Schulte, Bremerhaven

Seit dem 01. November 2012 kämpfen die Beschäftigten des Verpackungsherstellers Neupack in Rotenburg/Wümme und Hamburg bereits für einen Tarifvertrag und gegen die Gutsherren-Mentalität des Arbeitgebers. Mitte Januar wurde der Streik nach über 100 Tagen erstmals ausgesetzt (jw berichtete). Die verantwortliche Gewerkschaft IG BCE hatte sich zu einer „Flexi-Streik-Taktik“ entschieden. Bis heute wurde er insgesamt zwei mal ausgesetzt. Am vergangenen Mittwoch morgen wurde der Streik erneut aufgenommen, um weiter Druck auf den Arbeitgeber auszuüben und ihn zu Verhandlungen zu drängen. Laut Auskunft des IG BCE-Sekretärs  Rajko Pientka liefen bereits erste Gespräche um die Ausgestaltung eines Tarifvertrages, in denen es insbesondere um neue Arbeitsplatzbeschreibungen ging. „Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 8. März angesetzt. Der Arbeitgeber will weiterhin eine betriebliche Regelung, während es für uns weiterhin um tarifliche Regelungen geht.“

Ein Besuch in Rotenburg bei den Streikenden macht deutlich: Hier gibt keine und keiner auf. Denn der bereits seit nunmehr 4 Monaten dauernde Streik tritt jetzt in die heiße Phase ein. Eine Betriebsversammlung am Sonntag hatte die Marschroute für die IG BCE vorgegeben. Diese prangert jedoch nicht die Verzögerungstaktik des Arbeitgebers an, sondern lobt „Neupack hat zugesagt, beim nächsten Gesprächstermin Anfang März ein finanzielles Gesamtangebot zu präsentieren. Wir sind also auf dem richtigen Weg“, sagte IG BCE-Landesbezirkschef und Verhandlungsführer Ralf Becker am vergangenen Montag nach einem Gespräch zwischen Betriebsrat, Gewerkschaft und Neupack-Geschäftsführung. „Neupack wird noch fehlende Unterlagen ebenfalls bis Anfang März vorlegen. Solange keine verlässlichen Fakten auf dem Tisch liegen, geht der Streik weiter“, so Becker.

Die Belegschaft ist weiterhin tief gespalten. In den Betrieben werden momentan bis zu 50 polnische ArbeiterInnen eingesetzt. Die Streikfront musste zudem den Verlust von 4 KollegInnen hinnehmen, die nach der Wiederaufnahme der Arbeit die Seiten wechselten und sich den StreikbrecherInnen anschlossen. Die Streikenden bewerten dies jedoch als Einzelfälle, ansonsten sind keine Verluste zu beklagen. Stattdessen scheint eher die Front der StreikbrecherInnen zu bröckeln. „Zwei KollegInnen, die vorher nicht am Streik beteiligt waren, haben sich den Streikenden angeschlossen“, so Pientka.

Die Situation im Werk ist für die Streikenden individuell weiterhin schwierig. Es ist von erheblichem Mobbing durch den Arbeitgeber die Rede und das obwohl es eine Anweisung des Eigentümers Lars Krüger geben soll „die MitarbeiterInnen in Ruhe zu lassen.“ Dies bestätigt auch IG BCE- Bezirksleiter Jan Eulen und appelliert an den Arbeitgeber: „Uns liegen erneut Informationen vor, dass unsere derzeit wieder arbeitenden Mitglieder gemobbt werden. Das muss aufhören!“

Die Haltung der Gewerkschaft und ihre „Flexi-Streik-Taktik“ trifft jedoch nicht nur auf Zustimmung. Einzelne Beschäftigte äußerten die Sorge, dass die Taktik nicht genügend Druck auf den Arbeitgeber ausübt. Es wird zudem berichtet, dass die StreikbrecherInnen vom Arbeitgeber mit „Nichtstreikprämien“ bei der Stange gehalten werden. Diese Prämie würde bei der Beteiligung am Streik jedoch hinfällig. Zudem sollen angeblich einzelne Beschäftigte bereits individuelle Arbeitsverträge unterschrieben haben.

Die externe Unterstützung für den Streik ist dagegen weiterhin ungebrochen. Viele Beschäftigte aus anderen Betrieben und Initiativen besuchen regelmäßig die Streikenden vor den Werkstoren und zeigen praktische Solidarität. Am Montag Abend stach zudem das Soli-Komitee mit einer Aktion beim Spiel der 2. Fußball-Bundesliga zwischen dem FC St. Pauli und dem 1. FC Köln hervor, als sie im vollbesetzten Stadion im Rahmen einer Fernseh-Live-Übertragung ein Soli-Banner entrollten und damit für Aufsehen sorgten.

Es wird sich nun Anfang März zeigen, ob der Arbeitgeber wirklich die Zeichen der Zeit verstanden hat und der Weg für einen Tarifvertrag geebnet werden kann. 

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