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Kapitalistische Staatsfinanzen: Wir haben fertig!

5. Mai 2010 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Politik

Kapitalistische Staatsfinanzen: Wir haben fertig!

verfasst von Wal Buchenberg, 03.05.2010, 10:29

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Die Grafik zeigt den Zustand der Staatsfinanzen in den wichtigsten kapitalistischen Ländern.
In der senkrechten Achse ist der Staatshaushalt 2009 mit Überschuss oder Defizit eingetragen.
Im letzten Jahr hatte allein Norwegen ein Haushaltsplus von über 8%. Alle anderen Staaten dieser Liste verbuchten ein Defizit. Die deutsche Regierung machte ein Defizit von gut 3 Prozent. „Spitzenreiter“ in dieser Kategorie war Großbritannien mit einem Defizit von über 12 Prozent. Haushaltsdefizit heißt, es kommen neue Schulden zu den alten Schulden dazu.

Wie weit einzelne kapitalistische Staaten auf dieser schiefen Schuldenebene geraten sind, das zeigt die waagrechte Achse. Hier ist die offizielle und bekannte Gesamtverschuldung in Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes (BIP) 2009 eingetragen.
Die geringste Verschuldung hat Australien mit weniger als 20 Prozent des BIP. Die höchste Verschuldung hat Japan mit fast 200 Prozent des BIP.

Allgemein gilt: Je größer das Haushaltsloch, desto schneller rutscht ein Staat in die rechte untere Pleite-Ecke. Und: Je näher eine Regierung der rechten unteren Ecke ist, desto größer wird (voraussichtlich) ihr Defizit.

Machen wir eine Beispielrechnung auf:
Ein Staat hat eine Verschuldung von 100 Prozent seines BIP – das gilt allgemein als Grenzwert, ab dem ein Staatsbankrott früher oder später unvermeidlich wird. Wieso?

Nehmen wir an, ein Land habe eine Jahreswirtschaftsleistung (BIP) von 1000 Mrd. und ist zu 100 % verschuldet. Diese Schulden von 100 % Jahreswirtschaftsleistung müssen aus Steuergeldern verzinst werden. Nehmen wir an, der durchschnittliche Zinssatz dieser Schulden liege bei 4 Prozent, macht 40 Mrd. jährlich, die aus Steuergeldern in die Taschen der reichen Staatsgläubiger fließen.
Die Staatsquote bzw. die Staatseinnahmen umfassen in der Regel rund 50 Prozent des BIP, also rund 500 Mrd. Von diesen 500 Mrd. sind 40 Mrd. aber schon 8 Prozent. Das heißt eine Verzinsung der Staatsschulden von 4 Prozent frisst in den Staatshaushalt ein Loch von 8%. Ist die Staatsquote geringer, dann fressen die 40 Mrd. einen noch größeren Anteil des Haushaltes.

Je schlechter ein Staatsschuldner dasteht, desto höher werden jedoch die Zinsen, die er auf den Finanzmärkten zahlen muss. Steigen seine Zinsen auf 5 %, dann frisst das ein Loch in den Staatshaushalt von 10% usw.
Immer mehr Geld fließt in den Schuldendienst, immer weniger Geld bleibt für alle anderen Staatsausgaben. An eine Minderung der Schulden ist da gar nicht zu denken. Ganz im Gegenteil, es müssen immer mehr neue Schulden aufgenommen werden, nur um die Zinsen der alten Schulden zu bedienen.
An diesem Punkt befindet sich derzeit Griechenland und etliche andere Staaten werden Griechenland folgen.



Die andere reifen kapitalistische Staaten werden folgen, weil ihre Finanzen von zwei Seiten in die Zange genommen werden: Einerseits stagnieren in der jetzigen Wirtschaftskrise ihre Volkswirtschaften, damit sinken die Staatseinnahmen. Andererseits steigen die Ausgaben durch die Antikrisenmaßnahmen der Regierungen.
Seit 1945 wurden die Staatsschulden der BRD bis auf ein einziges Jahr nur größer. Das ist der normale Gang in reifen kapitalistischen Staaten.



Die EU berechnet für die "Rettung Griechenlands" (richtig: Die Rettung der Kredite der reichen griechischen Staatsgläubiger!) einen Zeitraum von 3 Jahren. Der Weltwährungsfonds (IWF) rechnet mit einem Zeitraum von 10 Jahren.
Niemand soll glauben, am Ende dieses Zeitraums seien die Staatsschulden geringer als heute.
Worin besteht denn das "Rettungsprogramm für Griechenland"? Es werden ein paar Schuldenlöcher Griechenlands mit Mitteln gestopft, die die Schulden der anderen EU-Staaten erhöhen werden. Die Pleite Griechenlands wird ein bisschen verlangsamt, indem man die Pleite der anderen EU-Staaten beschleunigt.
Es ist dieselbe Methode wie bei der "Bankenrettung":
Die Banken sind ihre faulen Schulden (fast) los, weil sie auf die Regierungen übergewälzt worden sind. Die Schuldenlöcher wurden auf einer Seite gestopft, indem man auf der anderen Seite die Löcher vergrößert hat.

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P.S.
Warum wurde nun Griechenland und nicht Japan von den Großbanken und sonstigen reichen Geldgebern als Pleitekandidat ausgeguckt? Warum sollte Griechenland für Neuschulden höhere Zinsen zahlen, Japan aber nicht?
Erstens leiht sich die japanische Regierung das meiste Geld von den eigenen Kapitalisten und eigenen Bürgern. Zweitens hat Japan (noch) eine konkurrenzfähige Industrie, die einiges an Profit abwirft.
Über kurz oder lang wird sich Japan jedoch in derselben Notlage befinden wie heute Griechenland.


Wal Buchenberg, 3.5.2010

 

Quelle: http://marx-forum.de/diskussion/forum_entry.php?id=3911

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