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Die stille "Schule der Neonazis"

27. September 2005 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Artikelserie "Ludendorffer"

Die stille "Schule der Neonazis"

22.09.2005
Sie tragen keine Springerstiefel, sondern eher weiße Kniestrümpfe. Sie lärmen und poltern nicht, sondern verhalten sich leise und unauffällig. Sie hören keine Neonazi-Musik, sondern beschäftigen sich zum Beispiel mit Friedrich Schiller - oder mit General Ludendorff und seiner Frau.

Der Verfassungsschutz in Brandenburg zählt den Verein "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)" zu den Rechtsextremisten im Land. In Kirchmöser fallen die Ludendorffer vor allem dadurch auf, dass sie einen heruntergekommenen Bauernhof in der Gränertstraße herrichten lassen und das Anwesen von Jahr zu Jahr schöner aussieht.

Die Zeitschrift "Stern" zählte dieses "Haus Märkische Heide" allerdings unlängst in Zusammenhang mit einem Bericht über die NPD zu den "Schulen der Neonazis" in Deutschland. "Heimlich, still und leise kaufen Rechtsextremisten Immobilien auf, die sie deutschlandweit zu Bildungs- und Trainingszentren umbauen", schrieb die bekannte Illustrierte und führte den Hof in Kirchmöser sowie 19 weitere Häuser auf. Der Verfassungsschutz bestätigt dem Stadtkurier die Einschätzung.

"Der bereits 1937 gegründete Verein mit Sitz im bayerischen Tutzing propagiert rassistisches und antisemitisches Gedankengut", berichtet Wolfgang Brandt, stellvertretender Sprecher des Innenministeriums.

Die Mitglieder berufen sich auf die Weltanschauungslehren der 1966 verstorbenen Mathilde Ludendorff, der Ehefrau des Generals Erich von Ludendorff, der zeitweise Hitlers Wegbegleiter war und 1937 ein Staatsbegräbnis erhielt.

Die Resonanz der "Ludendorffer" innerhalb der bundesweiten rechtsextremistischen Szene schätzt der Verfassungsschutz als "äußerst gering" ein. Brandt: "Der Bund für Gotterkenntnis, der schon seit längerem an Überalterung leidet, konnte in der Region keinen Nachwuchs für seine krude rassistische Weltanschauung rekrutieren."

Im Frühjahr 2002 hatte der Verein das Haus in der Gränertstraße 15 für den Tagungsbetrieb geöffnet. Die Aktivitäten im "Haus Märkische Heide" beschränken sich auf interne Veranstaltungen der Vereinsmitglieder, die fast alle außerhalb Brandenburgs ihren Wohnsitz haben. Kontakte zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen im Land wurden dem Verfassungsschutz nicht bekannt. Ziel des Vereins ist es, in Kirchmöser Seminare, Tagungen und Freizeiten für die Mitglieder und den Dunstkreis anzubieten.

Das Vorderhaus ist seit etwa drei Jahren fertig. Gegenwärtig wird an dem Verbindungsgebäude gearbeitet, dem ehemaligen Schweinestall. Dort entstehen Ferienzimmer für Vereinsmitglieder und Sympathisanten. Der hintere Längsbau soll anschließend zum Tanz- und Veranstaltungssaal ausgebaut werden.

Die Ludendorff-Kennerin Antje Gerlach rechnet den Verein der "braunen Esoterik" zu. Wolfgang Benz, Leiter des Zentrums für Antisemitismus-Forschung an der Freien Universität Berlin, nennt die Schriften der nach dem Krieg als "Hauptschuldige" eingestuften Mathilde Ludendorff antisemitisch und den Verein "rechtsradikal".

Die Ludendorffer möchten dem Stadtkurier keine Auskunft geben, teilt ihr Mitglied Friedrich Bading mit. Die MAZ möge erst einmal die Stellungnahme abdrucken, die er vor drei Jahren nach der ersten Berichterstattung eingereicht habe.

Die MAZ hält das seitenlange Elaborat für verzichtbar. Denn die Sicht der Ludendorffer ist bekannt: Der 1937 gegründete und aus dem Vorläufer "Deutschvolk" hervorgegangene Verein bezeichnet sich als "Weltanschauungsgemeinschaft, die die philosophischen Erkenntnisse Mathilde Ludendorffs (1877-1966) vertritt und Interessierten zugänglich macht. Die Frau wurde 1950 in die Gruppe der Hauptschuldigen eingeordnet, die Spruchkammer bescheinigte ihr eine "außerordentliche Begünstigung des Nazismus".

Der Vorsitzende Gunther Duda bezeichnete die Einschätzung des Verfassungsschutzes als falsch, dass der Bund rassistisch und antisemitisch sei. Denn der Bund lehne jede Art von Rassevergottung ebenso ab wie "einen religiös-jüdisch-orthodoxen Auserwähltheitsanspruch".

Das Auftreten der Rechtsextremisten in Kirchmöser behat Ortsbürgermeister Magnus Hoffmann (Pro Kirchmöser) als solide und anständig erlebt. An dieser Gruppe stört sich nach seiner Kenntnis niemand im Ort.


 
Quelle: MAZ
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