An die Bürgerinnen und Bürger von Eschede
Viel Engagement im letzten Jahr
Sicherlich haben Sie von den Vorgängen hier in Eschede auf dem Hof Nahtz letztes Jahr gehört, und sicherlich ist vielen von Ihnen mehr bekannt als uns.
Wir beobachten schon seit Jahren mit einiger Besorgnis das Treiben auf dem Gelände Am Finkenberg und im Ort Eschede. Trauriger Höhepunkt war der Tod von Peter Deutschmann im August 1999, getötet von zwei Escheder Skinheads. Aus diesem Anlass fand eine Veranstaltung in Eschede statt und zum Jahrestag eine Mahnwache vor dem ehemaligen Wohnhaus des Getöteten. Beide Aktionen gingen nicht von Eschede aus.
Umso größer ist die Freude, wenn dann Protest im Ort selber laut wird. So äußerte die Escheder SPD im Oktober 2001 Kritik an der Idee der Jungen Union/Schüler-Union, ausgerechnet Joachim Nahtz als Referenten zum Thema Rechtsradikalismus einzuladen.
Joachim Nahtz bei Nazidemo in Celle am 09.12.2006, er bezeichnet sich selber als „Nationalen Sozialisten“
Es gingen wieder ein paar Jahre ins Land mit regelmäßigen Treffen bei Nahtz, bis dann das Treffen der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) im Mai 2007 erneut zu Unmutsäußerungen führte, diesmal auch etwas geballter. Die Samtgemeinde wollte prüfen, wie künftig solche Treffen verhindert werden können. Auch der Landkreis prüfte mögliche Handhabe, Treffen dieser Art zu verhindern. Ergebnisse dieser Prüfungen sind leider nicht bekannt.
Im Juni 2006 war dann in der Celleschen Zeitung zu lesen, dass Politik und Verwaltung in Eschede weitere Nazitreffen in „ihrem“ Ort nicht mehr hinnehmen wollen. Ein breites Bündnis war gewünscht, um ein „zweites Hetendorf“ zu verhindern. Außerdem hat die Samtgemeinde mit den vier Mitgliedsgemeinden eine gemeinsame Resolution verfasst. Darin war zu lesen: „…weiter dort geplante Treffen nehmen wir nicht hin und werden entschlossen hiergegen vorgehen…“. Ein Treffen mit Vertretern aus Verbänden und Vereinen wird geplant, „Wir wollen die Menschen sensibilisieren und informieren, welches Gedankengut dort verbreitet wird“ (Berg, Samtgemeindebürgermeister). Bei erneuten Nazitreffen müsse Eschede seine Ablehnung deutlich zeigen, waren sich Berg, Cruse (Bürgermeister Höfer), Heinemann (CDU-Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat Eschede) und Gehring (stellv. Bürgermeister Habighorst) bei einem Pressetermin einig und stellten sich Banner, Mahnwachen und Plakataktionen vor.
Mitte Juni 2007 fand das geplante Treffen mit Vertretern aus Verbänden und Vereinen in der Musenmöhl statt mit dem Ergebnis, dass zeitgleich mit der Sonnenwendfeier bei Nahtz ein Johannisfeuer im Schwimmbad stattfinden soll. Diese Veranstaltung soll dafür stehen, dass Eschede dem Rechtsextremismus eine Absage erteilt. Cruse betonte, die Zeit des Stillhaltens wäre vorbei. Weiterhin wurde geplant, sich beim nächsten Eschenschnack über rechtsextreme Gruppen und deren Ideologie zu informieren und es soll erläutert werden, wie es zur Schließung des Nazizentrums in Hetendorf kam.
Das Johannisfeuer fand statt, und es kamen immerhin 200 Menschen dazu ins Schwimmbad. Es wurde festgestellt, dass rechtsextremistische Ansichten ein Problem in der Mitte der Gesellschaft sind (Cruse) und mit diesem Problem müsse man sich auch in Eschede befassen. „Wir dürfen nicht wegsehen, oder anders ausgedrückt, Augen, Ohren und den Mund zu machen…“, so Cruse weiter.
Am 10. Juli schließlich sprach sich der Escheder Gemeindrat mit zwei Enthaltungen dafür aus, ein „Bürgerschaftliches Bündnis gegen Rechtsextremismus“ zu etablieren. Mit diesem Bündnis wollen die Ratsmitglieder deutlich machen, dass sie hinter den Bürgermeistern stehen. Im gestellten Antrag heißt es „bei rechtsextremisten Kräften gilt aber: Null Toleranz! Denn Rechtsextremismus kann man nicht unwidersprochen gelten lassen.“
Erst im November 2007 (inzwischen hat bei Nahtz ein Erntedankfest mit knapp 80 Neonazis, darunter die Celler Kameradschaft 73, widerspruchslos stattgefunden) findet der angekündigte Eschenschnack statt. Die Referenten trugen ihre Einschätzungen zur Naziszene vor, von weiteren Gegenaktivitäten aus Eschede wurde nichts bekannt.
Mitte Dezember war es dann wieder so weit, Wintersonnenwendfeier bei Nahtz.
Diesmal hatten wir, das Forum gegen Rechtsextremismus und Gewalt, uns entschlossen, ein Zeichen zu setzen, auch wenn es noch so klein ist. Unsere Hoffnung war schon, dass sich Menschen aus Eschede dadurch vielleicht angesprochen fühlen und sehen, dass auch Wenige etwas machen können.
Wir jedenfalls fühlten uns durch die Aussagen des Jahres 2007, wie „Nazitreffen nicht mehr hinnehmen“, „Entschlossen dagegen vorgehen“, „Die Zeit des Stillhaltens ist vorbei“ , etc. angesprochen und aufgefordert, uns aktiv gegen das Treiben auf Hof Nahtz zu positionieren.
Warum aktiv werden,
„Die machen doch nichts“
(Zitat Siegfried Ulrich, UWG)
Zum Glück für den Rest von Eschede liegt der Hof Nahtz relativ weit draußen am Ortsrand. Aber auch wenn Nahtz und seine Besucher nicht zu sehen sind, ist es nicht richtig zu sagen, die machen doch nichts. Sie vernetzen sich dort, haben die Möglichkeiten Aktionen zu planen, und sie schulen sich dort. „Durch das gemeinschaftliche Singen, den sportlichen Wettstreit oder einfach nur das gemeinsame Verweilen an der Glut des Sonnenwendfeuers wird das Zusammengehörigkeitsgefühl weiter gestärkt und das Erlebnis gibt neue Kraft für jene Taten, die unser Volk wieder zu dem erwachsen lassen, das es einstmals war“, so Dennis Bührig, Kameradschaft 73 aus Celle, über die Bedeutung der Sonnenwendfeier 2007. Mit anderen Worten: in Eschede ist vielleicht Ruhe, aber frisch gestärkt fahren die Nazis wieder nach Hause und verbreiten dort weiter ihre Hetzparolen, Einschüchterungen und Bedrohungen. Daher sehen wir das Problem Hof Nahtz auch nicht alleine als eines an, das nur Eschede etwas angeht. Aber Eschede hat schon eine besondere Verantwortung, dem Treiben dort ein Ende zu machen.
Warum kann man das Problem nicht der Polizei überlassen?
Die Wintersonnenwendfeier im Jahr 2000 wurde von der Celler Polizei vor Beginn der Veranstaltung aufgelöst. Der Celler Polizeichef Schomburg sagte damals etwas vollmundig: „Ich würde es immer wieder so machen“. Die NPD, die damals bei Nahtz diverse Stützpunkte gründen wollte, zog vor Gericht und bekam Recht: Schomburgs Unterbinden der Feier wurde vom Gericht als rechtswidrig eingestuft. Beim Eschenschnack im November 2007 sagte Schomburg, dass Nahtz ein Überzeugungstäter sei und immer wieder solche Veranstaltungen machen wird, die Polizei könne das nicht verhindern. Die momentane Argumentation der Polizei ist, die Veranstaltungen seien auf Privatgelände und haben keine Außenwirkung. Die öffentliche Ordnung wäre nicht gestört. Aber das kann man durchaus anders sehen:
Ob nicht zumindest das öffentliche Interesse von Nahtz und seinen Gästen tangiert wird, diese Frage beantwortet sich an folgendem Beispiel. Journalisten, die bei der Sommersonnenwendfeier 2007 am Finkenberg (keine Privatstrasse von Herrn Nahtz) standen, um das Treiben zu dokumentieren, wurden auf Drängen eines Celler Nazis der Kameradschaft 73 von der Polizei an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert.
Auch auf Verbote kann man sich nicht verlassen. Die Bundesregierung tut sich furchtbar schwer, die NPD zu verbieten und ist damit auch bereits einmal gescheitert. Aber auch ein Verbot der HDJ gestaltet sich schwierig, obwohl dieser Verein nicht dem besonderen Schutz einer Partei unterliegt und auch ganz offensichtlich in Nachfolge der Wiking-Jugend (WJ) steht. Diese wurde 1994 verboten mit dem Hinweis, dass auch Nachfolgeorganisationen verboten sind. Da fragt man sich schon, was denn so schwer daran ist, die HDJ zu verbieten.
Eschede, ein neues Hetendorf?
Auch wenn Nahtz mit Rieger (dem Betreiber des damaligen Nazizentrums in Hetendorf 13) bekannt ist, bei der Hetendorfer Tagungswoche zu Gast war, seine Frau Renate in Hetendorf gekocht hat, so ist Nahtz doch nicht mit Rieger zu vergleichen und Eschede auch nicht mit Hetendorf. Alleine die rechtliche Situation ist eine andere. Das "Heideheim" in Hetendorf war Vereinsvermögen und konnte bei Verbot der Trägervereine eingezogen werden. Der Hof von Nahtz ist Privatbesitz, und da kann er weitestgehend machen, was er will, solange niemand strafbare Handlungen ausführt. Das Nazizentrum in Hetendorf, das 1998 dicht gemacht wurde, hatte nicht zuletzt durch die Integrationsfigur Jürgen Rieger, der dort der "Chef" war, überregionale Bedeutung. Fast alles an rechtsextremen neuheidnisch-germanischen Gruppen, etliche gewalttätige und paramilitärische Gruppierungen sowie Parteien konnten sich dort lange Zeit ungestört treffen. Immerhin existierte das so genannte Heideheim in Hetendorf fast zwanzig Jahre, bis die Nazis dort endlich ihre Koffer packen mussten.
Nazitreffen in Hetendorf 1997
Nun finden allerdings bei Nahtz auch bereits seit 20 Jahren Treffen diverser rechter Gruppierungen statt, und wie es aussieht, wird es deutlich mehr. Also ist es schon ausgesprochen wichtig, dem Treiben dort endlich ein Ende zu setzen.
Also, was tun?
Wenn nun die Polizei nichts machen kann und Verbote schwierig sind, zumal ein Verbot einer Organisation Nahtz nicht daran hindern kann, auf seinem Privatgelände „private“ Gäste zu empfangen – was ist dann möglich? Der Versuch, auf Nahtz einzuwirken ist auch gescheitert. Im Jahr 2000 wurde nach der Wintersonnenwendfeier von Escheder Politik und Verwaltung ein Brief an Nahtz verfasst: „…Spätestens seit der Sonnenwendfeier vom 24. Juni und den Ereignissen am letzten Sonnabend sind die Veranstaltungen auf ihrem Hof nicht mehr Ihre Privatangelegenheit…“ Weiter wird er gebeten, dafür zu sorgen, dass Eschede aus den Negativschlagzeilen heraus kommt. Mit anderen Worten, die Treffen sollten aufhören – das Ergebnis ist bekannt.
Also bleibt nur, sich selber darum zu kümmern.
Es ist eine gesellschaftliche Verantwortung und Aufgabe von uns allen, gegen Nazis vorzugehen, auch wenn sie sich auf Privatgelände treffen. Man darf die Augen nicht davor verschließen, muss die Geschehnisse immer wieder öffentlich machen.
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Einige Mitglieder des Celler Forums gegen Gewalt und Rechtsextremismus bei einer Mahnwache in Eschede im Dezember 2007
Wichtig ist nur, dass es nicht nur bei den deutlichen Worten und den drei Veranstaltungen im letzten Jahr bleibt, sondern dass Eschede da am Ball bleibt!
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