In der Heide soll es bunt zugehen
Schneverdingen rüstet sich für Volkslauf - und gegen braune Mitläufer Von Stefan Schölermann
Unter den vielen Hundert Teilnehmern des traditionellen Heidelaufs startete auch die rechtsextreme Kameradschaft "Snevern Jungs". Auf T-Shirts, die sie damals trugen, wurde verklausuliert der Holocaust geleugnet. Der Präsident des niedersächsischen Verfassungsschutzes, Günter Heiß, hält die "Snevern Jungs" für gefährlich: "Sie zeigen sich gut integriert in der sogenannten bürgerlichen Gesellschaft und treiben dort ihr neonazistisches Unwesen."
Nicht erst im vergangenen, schon in den beiden Jahren zuvor hatten sich die "Snevern Jungs" in die Teilnehmerlisten eintragen lassen. Jürgen Thömen, Vorsitzender des Veranstalters TV Jahn, räumt ein, es habe im Vereinsvorstand lange keine konsequenten Bestrebungen gegeben, das Treiben der "Snevern Jungs" zu verhindern. Das werde sich ändern, wenn am kommenden Wochenende wieder hunderte Läufer aus ganz Norddeutschland in Schneverdingen an den Start gehen, verspricht Thömen, in diesem Jahr sei man besser vorbereitet.
Die Vereinssatzung sei so geändert, dass Rechtsextremisten in Zukunft konsequent ausgesperrt werden könnten. Sein Verein habe Kontakte zu Polizei und anderen Behörden geknüpft. Und in diesem Jahr treten die Läufer unter dem Motto "gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Extremismus" an. "Wir sind gut aufgestellt", sagt Thömen. Einen Volkslauf wie im vergangenen Jahr will er nicht noch einmal erleben: "Das war einer der schlimmsten Tage in meinen annähernd 20 Jahren an der Vereinsspitze."
Unterstützung erhält der TV Jahn vom Bürgerbündnis "Bunt statt braun", dessen aktive Mitglieder jetzt zu letzten Vorbereitungen für den Heidelauf in der Freizeitbegegnungsstätte Schneverdingen zusammenkamen. Mit ihren 250 T-Shirts wollen sie am kommenden Sonnabend entlang der Laufstrecke "Gesicht zeigen", sagt Maren Ahrens. Gegründet wurde das Bündnis am 29. Februar 2008 als Reaktion auf die Negativschlagzeilen, in die Schneverdingen geraten war. "Das hat ein Umdenken ausgelöst", sagt Ahrens. Entstanden ist ein Netzwerk aus mehreren Hundert Schneverdingern, die sich gegenseitig über rechtsextremistische Umtriebe informieren. Die Kirchengemeinden gehören dem Bündnis an, Schulen, Vereine, Jugendgruppen, auch die Kommunalverwaltung und die Polizei haben Vertreter in das Bündnis entsandt. Das Bündnis soll keine "Eintagsfliege" sein: In unregelmäßigen Abständen gibt es Informations- und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Rechtsextremismus.
Unterstützung wird das Bündnis vom Landespräventionsrat in Hannover. Koordinator Gerhard Bücker war gleich nach dem Heidelauf 2007 nach Schneverdingen gefahren, um beim Aufbau eines Bündnisses gegen Neonazis zu helfen - nicht zum letzten Mal. Heute ist er stolz auf das Erreichte: "Es ist deutlich geworden, dass die weit überwiegende Mehrheit der Menschen in der Heide diese rechtsextremen Strukturen nicht duldet." Zugleich zollt Bücker der engagierten Berichterstattung seriöser Medien wie WESER-KURIER, Bremer Nachrichten oder des NDR Respekt: "Aus unserer Sicht ist die seriöse Berichterstattung in diesem Fall ein wesentlicher Grund für diese positive Entwicklung gewesen."
Bücker wird den TV Jahn auch beraten, wenn die Läufer am kommenden Sonnabend an den Start gehen. Sein Rat wird voraussichtlich willkommen sein: Im rechtsextremistischen Lager werden gezielt Aktionen geplant, die den Ablauf des "bunten" Heidelaufes stören sollen.
Der Autor Stefan Schölermann ist Redakteur
bei NDR Info.
Quelle: Weser Kurier Online
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