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Zeittafel Pulverfabrik Liebenau

1. Oktober 2008 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #EIBIA-Liebenau

Zeittafel „Pulverfabrik Liebenau“ 1935-1945

1935:
Im Zuge der Aufrüstung und mit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht trat das Reichswehrministerium an die Firma Wolff & Co mit dem Wunsch heran, die Kapazität der Pulverherstellung zu erhöhen.

Oktober 1938:
Die Firma Wolff & Co. aus Walsrode gründete die Tochtergesellschaft Eibia GmbH. Später betrieb die Eibia privatwirtschaftlich sechs große staatseigene Rüstungsanlagen an den Standorten Bomlitz, Dörverden und Liebenau.

November 1938:
Das Heereswaffenamt erteilte den Auftrag für einen „Mob-Betrieb“ auf Privatgelände bei Liebenau.

ab Sommer 1939:
3.000 bis 4.000 Bauarbeiter im ständigen Arbeitseinsatz. Die ersten Planierungsarbeiten übernahmen starke Einheiten des Reichsarbeitsdienstes, den Straßen-, Hoch- und Tiefbau sowie die Installationen über 70 Vertragsfirmen. Im Laufe des Krieges wurden zunehmend Fremd- und Zwangsarbeiter/innen - aus der Ukraine, Polen, Italien, Niederlande - sowie kriegsgefangene Russen eingesetzt.

1940 bis 1943:
An der Liebenauer Schloßstraße existierte auf Initiative und in Zusammenarbeit mit dem Werk Liebenau ein Straflager der Gestapo Hannover - das „Arbeitserziehungslager“.

Juli 1941:
Die Eibia begann in den fertiggestellten Anlagen mit der Produktion vor Röhren- und Blättchen- und Ringpulvern.

Anfang 1942:
Das Werk Liebenau wurde durch zwei eigene Anlagen zur Herstellung von Nitrocellulose unabhängig von der Lieferung dieses wichtigen Vorproduktes. Bis Kriegsende stieg die NC-Jahresproduktion auf über 1.000 Tonnen.

Herbst 1943:
Beginn des Baues einer Gießlingsanlage zur Herstellung von Raketentreibsätzen.

Mai 1944:
Die Gießlingsanlage wurde im Mai in Betrieb genommen. Ab August wurden pro Monat ein- bis zweitausend Gießlinge produziert. Geplant war die Produktionssteigerung auf 60.000 Stück bis April 1945.
Wolff und Eibia waren mit einem Anteil von über 30 % an der gesamten Pulverproduktion im „Deutschen Reich“ zum größten Pulverproduzenten aufgestiegen. Jahresproduktion insgesamt: 33.600 Tonnen Pulver. Allein in Liebenau wurden von 1941 bis 1945 insgesamt knapp 41.000 Tonnen Pulver produziert.
Eibia Geschäftsführer Wolff war als Leiter des "Sonderausschuß Pulver" dem Rüstungsminister Speer unmittelbar verantwortlich.

10. April 1945:
Englische Truppen besetzten das unzerstörte Werk. Sie nutzten es als Hauptmunitionsdepot und Sammelstelle für Beutemunition.





Zeittafel nach 1945



1945:
Die Engländer requirierten das Werk, Teile der Werksunterkünfte, das Schloss Eickhof und eine Anzahl Häuser in Liebenau. Ein Kraftwerk und die Pumpanlagen wurden zur Versorgung der Unterkünfte und der umliegenden Ortschaften wieder in Betrieb genommen.



1945:
Die Engländer requirierten das Werk, Teile der Werksunterkünfte, das Schloss Eickhof und eine Anzahl Häuser in Liebenau. Ein Kraftwerk und die Pumpanlagen wurden zur Versorgung der Unterkünfte und der umliegenden Ortschaften wieder in Betrieb genommen.

 

Dezember 1946:
Wegen der großen Menge aufgestapelter englischer Munition wurde von einer Sprengung der Anlagen abgesehen. Das Eibia-Werk Liebenau erschien auf der Liste der Reparationsbetriebe in der britischen Besatzungszone. Bei der Demontage gingen die Maschinen nach Frankreich und in die Tschechoslowakei.

seit 1951:
Nach der Freigabe des 1945 beschlagnahmten „Reichsvermögens im ehemaligen Geschäftsbereich Speer“ übernahm die bundeseigene Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) als Nachfolger der Montan die Verwaltung des Grundbesitzes und Anlagevermögens.

1956:
Nach Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht in der Bundesrepublik überließen die Engländer einen Teil des Geländes der Bundeswehr, die dort zunächst ein Geräte- und 1958 ein Munitionsdepot errichtete.

seit 1957:
Die „Dynamit AG“ pachtete Teile des Werksgeländes von der IVG, der Rechtsnachfolgerin der Montan. Seit Jahresende 1957 bezogen Tochtergesellschaften der „Dynamit AG“ die Anlagen.

seit 1959:
Die „Dynamit AG“ nannte sich nun „Dynamit Nobel“. In Liebenau wurden nun erneut Rüstungsprodukte hergestellt. Zur ständig wachsenden Produktionspalette gehörten: Plastischer Sprengstoff, gepresste Sprengkörper und Übertragungsladungen aus TNT und Tetryl, gegossene Sprengladungen, diverse Pulver und Festtreibstoffe; Zündmittel, Artillerie- und Marinemunition, Panzerabwehrmunition und Artillerieraketen.

seit 1963/64 bis ca. 1970:
Die als „Verwertchemie Liebenau“ bezeichnete Firma erhielt weniger Aufträge. Damals waren ca. 1.500 Personen bei ihr beschäftigt - mit abnehmender Tendenz.

1972:
Verlagerung der Produktion in andere Werke.

1973:
„Dynamit Nobel“ beteiligte sich mit 30 % an dem holländischen Rüstungskonzern „Artillerie-Inrichtingen“, der fortan unter dem Namen „Eurometaal“ firmierte. Zwischen beiden wurde die Produktion groß- und kleinkalibriger Munition abgesprochen. „Dynamit-Nobel“ übergab die Teile des Werkes für schwere Kaliber an „Eurometaal“.

1977:
Der Pachtvertrag mit der IVG wurde nicht erneuert, die „Verwertchemie“ stellte ihre Produktion ein.

um 1980:
Auf dem Werksgelände waren verschiedene Militäreinrichtungen der NATO untergebracht, es wurde als Lager für amerikanische Atomsprengköpfe genutzt. Außerdem richtete man hier die „Landessammelstelle für radioaktive Abfälle“ ein.

seit 1990:
Die ökologische Gefährdung durch Rüstungsaltlasten im Werk Liebenau, das im Einzugsgebiet des Wasserwerkes „Maiwiese“ liegt, wurde öffentlich diskutiert. Das Niedersächsische Umweltministerium veranlasste entsprechende Untersuchungen.

Anfang 1992:
Nach öffentlichen, auch örtlichen Protesten, vereitelte der Bundessicherheitsrat unter Hinweis auf das Kriegswaffenkontrollgesetz den Export von 18.000 Liebenauer Splittergranaten in die Türkei, die Krieg gegen die Kurden im eigenen Land führt.

September 1993:
Das Bundesamt für Wirtschaft gestattete der „Eurometaal“, die Liebenauer Anlagen zur Muttergesellschaft nach Holland zu bringen. Das niederländische Wirtschaftsministerium wiederum gestattete die Ausfuhr in die Türkei. „Eurometaal“ reduzierte die Belegschaft des Liebenauer Werkes von 200 Beschäftigten im Jahre 1992 auf 130 Beschäftigte im Herbst 1993 und kündigte die Schließung an.

Anfang 1994:
„Eurometaal“ ließ die Liebenauer Anlage über Holland in die Türkei exportieren. Alle Arbeiten in Liebenau wurden eingestellt, die letzten 39 Mitarbeiter entlassen.

Herbst 1995:
Im Liebenauer IVG-Gelände wurden kurzzeitig Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg zur Entlastung der Sammelstelle Munster ein- und nach Protesten wieder ausgelagert.

ab 1996:
Die ersten Untersuchungen schlossen eine Trinkwasserverseuchung aus und bestätigten eine Verunreinigung von Böden im Produktionsgelände. Mit Ausnahme des ehemaligen Brandplatzes und des Sprengtrichters gibt es keine großflächige Kontamination. Die IVG sucht nach neuen Investoren.

1998:
Besuch der ehemaligen Zwangsarbeiterin der Pulverfabrik, Frau Katerina Derewjanko aus der Ukraine. In den Räten Liebenaus und Steyerbergs wurden die Ideen zur wissenschaftlichen Dokumentation der NS-Geschichte der Pulverfabrik positiv aufgenommen.

1999:
Gründung des interkommunalen Vereins "Dokumentationsstelle Pulverfabrik Liebenau" mit Sitz in Steyerberg. Beginn der historischen Recherchen mit Förderung durch das Land Niedersachsen. Langfrsitiges Ziel ist die Schaffung einer angemessenen Gedenkstätte.

bis heute:
Die Dokumentationsstelle leistet kontinuierliche Bildungsarbeit für Erwachsene, vor allem aber für die Zielgruppe der Jugend (Geländeführungen, Vorträgen, Lesungen und Ausstellungen). Erste Veröffentlichungen sind herausgegeben. In den Jahren 2000, 2002, 2003, 2005 und 2006 fanden jeweils Gedenktreffen mit bis zu sieben ehemaligen Zwangsarbeiter/innen der Pulverfabrik statt. Eine vereinsinterne Jugend-Arbeitsgemeinschaft hat die Arbeit im Jahr 2002 aufgenommen, was schließlich in einen kontinuierlichen internationalen Jugendaustausch in Zusammenarbeit mit der Ukrainischen Nationalstiftung "Verständigung und Aussöhnung" mündete. Der Verein kooperiert dabei mit der Schewtschenko-Schule 112 in Kiew, der Schule Nr. 214 in Kiew, der Spezialisierten Schule Nr. 1 in Krolewez und der Allgemeinbildenden Schule Nr. 2 in Iwankiw. Im Jahr 2007 unterzeichnen diese ukrainischen Schulen sowie die Hauptschule Liebenau und die Förderschulen in Pennigsehl und Borstel eine Partnerschaftsurkunde mit dem Verein.

Quelle: http://www.martinguse.de/index.htm

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