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90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland

12. November 2008 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Historisches

Heute sind die deutschen Frauen die freiesten der Welt."

So steht es im Dezember 1918 auf der Titelseite der sozialdemokratischen "Gleichheit". Am 12. November 1918 erhielten die Frauen durch den Rat der Volksbeauftragten das aktive und passive Wahlrecht. Es war die Frucht eines langen Kampfes, in dem die Sozialdemokraten – und hier müssen vor allem die Namen August Bebel und Clara Zetkin genannt werden – und der linke Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung die Hauptlast getragen hatten.

Der Kampf um das Frauenwahlrecht

In der politischen und gesellschaftlichen Aufbruchsstimmung des Vormärz formierte sich in Deutschland die Frauenbewegung. Zwar hatten schon zuvor immer wieder einzelne Frauen gleiche Rechte für ihre Person eingefordert, doch fehlte weitgehend das solidarische Bewußtsein für die Situation aller Frauen. Dies änderte sich vor allem um 1848, als die aktiven Feministinnen mit der Organisation von Frauenvereinen und Frauenzeitungen eine ganz neue Breitenwirkung erzielen konnten.

  • Im April 1849 gründete die Journalistin Louise Otto die erste politisch orientierte deutsche Frauenzeitung unter dem Motto "Dem Reich der Freiheit werb' ich Bürgerinnen". In der ersten Ausgabe erklärte sie: "Wir wollen unsern Teil fordern: das Recht, das Rein-Menschliche in uns in freier Entwicklung aller unserer Kräfte auszubilden, und das Recht der Mündigkeit und Selbstständigkeit im Staat."
  • 1869 erschien John Stuart Mills Buch "Die Hörigkeit der Frau" in deutscher Übersetzung, in dem er das Frauenwahlrecht forderte.
  • 1873 verlangte die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm als erste Frau in Deutschland das Frauenwahlrecht,
  • 1879 erschien August Bebels Bestseller "Die Frau und der Sozialismus",
  • 1891 übernahm die SPD diese Forderung als erste deutsche Partei in ihr Programm.
  • 1902 erhielt sie Unterstützung vom linken Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung, als Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann in Hamburg den "Deutschen Verein für Frauenstimmrecht" gründeten.
  • 1908 gab dann das neue Vereinsrecht Frauen die Möglichkeit, Mitglied in politischen Parteien zu werden, nachdem wenige Jahre zuvor schon das sogenannte "Segment" geschaffen worden war, das heißt, ein abgetrennter Teil des Saales, in dem die Frauen den Männern wohl zuhören, aber nicht selbst reden durften.
    Noch im Dezember 1907 erklärte der Abgeordnete Bindewald von der Deutschen Reformpartei bei der Beratung des Vereinsgesetzes im Reichstag: "Die Frauen gehören ins Haus, und wir wollen nicht, daß die Frau von ihrer idealen Stellung, die sie als Mutter und Erzieherin der kommenden Generation einnimmt, herabsteigt in das Getriebe des politischen Lebens." In Preußen und in anderen Staaten galten von 1850 bis 1908 Vereinsgesetze, die Frauen Mitgliederschaft und Mitarbeit in politischen Parteien verboten, in Formulierungen, die auch etwas über die Einschätzung von Frauen aussagen: politische Organisation war verboten für "Frauenpersonen", "Geisteskranke", "Schüler" und "Lehrlinge".
  • Als der Sozialdemokrat Eduard Bernstein 1917 im Reichstag eine entsprechende Resolution für einen Gesetzentwurf einbrachte, wurde sie im Verfassungsausschuß nur von SPD und USPD unterstützt. Die bürgerlichen Parteien lehnten ab, denn, so die Argumentation, "die Frau gehöre nicht in die Öffentlichkeit", "in der Familie würde das Frauenwahlrecht die merkwürdigsten und bedauerlichsten Folgen haben" und "in der Familie, der Ehe mußte dann schließlich auch noch politisch gekämpft und abgestimmt werden. Das eröffne außerordentlich bedauerliche Ausblicke".

Am 19. Januar 1919 findet in Weimar die Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung statt. 300 Frauen kandidieren. 37 Frauen - insgesamt gibt es 423 Abgeordnete - werden schließlich gewählt. Die meisten Frauen (25) gehören zu den beiden sozialdemokratischen Parteien. Aber auch eine erklärte Gegnerin des Frauenstimmrechts, die langjährige Vorsitzende des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes, Paula Müller-Otfried, hat kandidiert und wird für die weit rechts stehende DNVP gewählt.

Als erste Frau in einem deutschen Parlament spricht am 19. Februar 1919 Marie Juchacz aus Berlin, einst Dienstmädchen, Krankenwärterin, Schneiderin, seit 1905 aktive Sozialdemokratin: »Ich möchte hier feststellen ..., daß wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.«

Nach der ersten Bundestagswahl 1949 saßen 31 Frauen neben 378 Männern im Bundestag. Das waren 6,8 Prozent der Abgeordneten. Zur Wahl des Deutschen Bundestages im Jahr 2002 waren in der Bundesrepublik Deutschland 31,9 Millionen Frauen und 29,3 Millionen Männer wahlberechtigt. Weit über die Hälfte der Bevölkerung ist weiblich. Ein Fakt, der sich in einer geschlechtergerechten Politik und Gesellschaft niederschlagen sollte. Betrug der Frauenanteil in der 14. Legislaturperiode noch 30,9 Prozent, liegt er im neuen Bundestag bei 32,17 Prozent; 194 der 603 Abgeordneten sind Frauen. Ihr Anteil in den Fraktionen ist allerdings höchst unterschiedlich: Mit 58,2 Prozent weist die Fraktion Der Grünen den höchsten Frauenanteil auf, gefolgt von der SPD mit 37,5 Prozent. 22,2 Prozent der CDU/CSU-Abgeordneten sind weiblich, Schlusslicht ist die FDP mit 21,3 Prozent weiblichen Abgeordneten.

Quelle: Das Frauenwahlrecht

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