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Reden auf der Demo in Osnabrück am 7.3.2009

9. März 2009 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Kampf gegen Nazis - Norddeutschland

Begrüßung und Eröffnung zur Demo 07.03.2009
Petra Tiesmeyer, DGB-Regionsvorsitzende Osnabrück-Emsland
Guten Morgen
liebe Bürgerinnen und Bürger, Kolleginnen und Kollegen,
ich begrüße Euch und Sie im Namen der Organisatoren und des gesamten Bündnisses
heute zu unserer Demonstration für das längst überfällige NPD-Verbot.
Das sehr breite Bündnis, das sich auf die Initiative des DGB zusammengefunden hat, führte
dazu, dass so viele Menschen aus unserer Friedensstadt und dem Landkreis Osnabrück aus
allen Teilen und aus allen Altersschichten unserer Bürgerinnen und Bürger zeigen:
Wir haben die Nazis satt!
Besonders begrüße ich den 1. Bürger der Stadt: Oberbürgermeister Boris Pistorius
und den 1. Bürger des Landkreises: Landrat Manfred Hugo,
die sich eindeutig positionieren und unsere heutige Demo mit mir zusammen anführen.
Ebenso begrüße ich unsere Bundestagsabgeordneten:
Dr. Martin Schwanholz, Georg Schirmbeck, Carl-Ludwig Thiele
und die Landtagsabgeordneten aller im Landtag vertretenen Parteien.
Für uns alle ist es unerträglich, dass sich heute wieder Nationalisten in unserer Stadt
versammeln und ihre verbrecherischen Ideologien verkünden wollen.
Wir alle hier stehen dafür, wogegen sie hetzen – und wir sind viele, sehr viele!
Hier an dieser Stelle, vor dem alten Gewerkschaftshaus, haben wir uns nicht ohne Grund
heute versammelt.
1933, bereits am 11. März gehörte das Osnabrücker Gewerkschaftshaus zu einem der
ersten, die von der SS gestürmt wurden. Viele Gewerkschafter und Sozialdemokraten
wurden festgenommen, von der Gestapo gefoltert und in Arbeitslager und
Konzentrationslager verbracht. Viele von unseren Kollegen überlebten den NS-Terror nicht.
Stellvertretend für diese Opfergruppen wurden hier im vergangenen Jahr die „Stolpersteine“
für Fritz Szalinski, Wilhelm Mentrup, Heinrich Groos und Heinrich Niedergesäß verlegt.
Damals waren die Warnungen aus dem gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Lager
vor der drohenden Diktatur nicht erfolgreich, die Proteste wurden mit blankem Terror
verhindert.
Das dürfen wir nicht vergessen!
Wir haben aus der Geschichte gelernt,
deshalb sind wir heute hier, Danke, dass Ihr alle da seid.
Wirklich eindrucksvoll zeigen wir
Wir wollen keine Nazis in dieser Stadt – nie wieder!
Wir wollen keine Nazis in Deutschland – deshalb muss die NPD verboten werden!


Rede zur Bürger-Demo in Osnabrück am 07.03.2009

Marianne Semnet

 

Im Jahre 1999 genau vor 10 Jahre als nach Beendigung der Wehrmachtsausstellung die

Nazis in Osnabrück aufmaschierten, fand eine Gegendemo und Kundgebung vor dem

Theater statt. Wir waren damals ca. 200 Personen. Unsere Losung lautete: Wehret den

Anfängen. 5 Jahre später im Februar 2004 fand der nächste größere Aufmarsch der

Neonazis in Osnabrück statt. Am Ende meines Redebeitrages damals auf dem Ledenhof gab

ich der Hoffnung preis, dass es ein Glück für die Friedensstadt Osnabrück sei, wenn an

Ortsein- und Ausgängen Schilder ständen mit dem Slogan: „Unsere Stadt ist nazifrei“. Denn

während der Hitler- Diktatur standen in vielen Städten Deutschlands Schilder mit der

Aufschrift: „Unsere Stadt ist judenfrei“.

Und heute wieder 5 Jahre später ist die Losung: Wehret den Anfängen schon längst überholt.

Ganz im Gegenteil: Wir sind schon wieder mittendrin. Ich erinnere dabei an den Passauer

Polizeichef Alois Mannichel. Und Alois Mannichel gibt es nicht nur in Passau. Passau ist

schon wieder all über all. Auch hier in Osnabrück.

Deshalb danke ich besonders dem DGB für die Initiative zur Organisation dieser Demo für

das NPD-Verbot und auch unserem Stadtrat, dass er eine entsprechende Resolution

einstimmig verabschiedet hat.

Die nazistische Gewaltherrschaft hinterließ über 50 Millionen Tote, verbrannte Erde, zerstörte

Städte, vergaste Menschen.

Als ich mit 16 Jahren im Jahre 1951, auf Einladung der polnischen Regierung, das KZ

Auschwitz aufsuchte, gingen wir vom Stammlager Auschwitz nach Auschwitz-Birkenau, der

Vernichtungsanstalt, auf Menschenknochen. Und die noch zum Teil erhalten gebliebenen

Kinderhaare, Kinderspielzeuge, Schuhe, Strümpfe sowie der Vergasungsraum und

Verbrennungsöfen ließen nach anfänglicher Erstarrung der Tränen freien Lauf. Und der Ort

des Grauens hat meinen Vorsatz: Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg – nicht mehr

losgelassen.

Ich komme aus einer Familie, die während der Nazidiktatur im Widerstand war. Mein Vater

wurde nachdem er das Zuchthaus Celle, KZ Moringen und das KZ Esterwegen überstanden

2

hatte, in das berüchtigte Strafbattallion 999 überführt. Meine Mutter sollte öffentlich gehängt

und wir Kinder nach Auschwitz überführt und vergast werden. Als Kind bin ich mit Gestapo

und SA groß geworden. Ich war dabei, als Tante Dora von der Gestapo abgeholt wurde. Sie

war Opfer der Euthanasie. Aber das war keine Sterbehilfe, das war MORD, MORD, MORD.

Im gleichen Jahr wurde Onkel Hermann nach 8-jähriger Zuchthaushaft in Celle, verurteilt

wegen Hochverrats, als Hase nach Hause geschickt. Hase fiel unter den Begriff Spuren zu

legen, um noch in Freiheit lebende Widerstandskämpfer ausfindig zu machen. Er legte keine

Spuren, kam auf Grund dessen in das KZ Buchenwald und wurde ermordet. Genauso wie

die Osnabrückerinnen Lissi Rieke und Elfriede Scholz.

Auschwitz veränderte die Welt. Eine industrielle Vernichtungsmaschinerie wie in Auschwitz

hat es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben. Der Holocaust ist eine

historische Tatsache und für das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte war Hitler

Deutschland verantwortlich. Und heute sieht es mit Auschwitz so aus, dass die polnische

Regierung um Spendengelder bitten muss, um die Gedenkstätte überhaupt erhalten zu

können. Inzwischen ist ansonsten alles dem Verfall preisgegeben.

Und wir lassen zu, dass die Nachfolgeorganisation der NSDAP, sprich NPD und Co, uns

schon wieder terrorisieren zwar im andern Gewand, aber ausgestattet in den Köpfen mit

nazistischem Gedankengut.

Sie blockieren unsere Straßen, sie besitzen Schulungszentren, sie benutzen öffentliche

Räume in Form von Gaststätten und Hotelräumen. Sie versuchen gerade jungen Menschen

für ihre terroristischen Ziele zu gewinnen. Sie wollen eine andere Gesellschaftsordnung und

treten unsere demokratischen Grundrechte mit Füßen.

Nach ihren eigenen Worten wollen sie die verfaulte Republik unterwühlen. Man könnte die

Ziele dieser Gruppierungen noch erweitern, doch ich möchte es dabei belassen.

Das Gebot der Stunde heißt für mich ein Verbot der NPD ist unumgänglich. Wir sind es den

Opfern schuldig. Für mich persönlich ist es unerträglich, dass eine Nachfolgeorganisation der

NSDAP heute nach über 64 Jahren Beendigung der Hitlerdiktatur von unseren Steuergeldern

finanziert wird. Dieses ist für mich nicht erklärbar. Das Geld sollten wir lieber in die Bildung

investieren und der polnischen Regierung zur Verfügung stellen, um den Verfall des KZ

Auschwitz zu verhindern.

Auschwitz ist ein wichtiger historischer Ort, den die Leugner des Holocaust verschwinden

lassen möchten.

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Die Neonazis triumphieren über den Verbleib der V-Leute in ihren Reihen. Diese V-Leute

sind ein sicherer Bestand, um ein Verbot zu verhindern. Darum V-Leute raus aus dieser

NPD, damit ein Verbotsverfahren eingeleitet und durch geführt werden kann.

Dazu möchte den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zitieren:“Das

Innenministerium Bayerns habe bisher keinen einzigen Fall belegen können, wo

Erkenntnisse aus und über die NPD nur auf Grund von V-Leuten hätten gewonnen werden

können!“. Zitat Ende. Als CSU-Chef schließe er daraus, dass V-Leute nicht wirklich nötig

seien. Der Innensenator Erhart Körting von der SPD äußert sich in dieser Sache inhaltlich

ähnlich. Ich schließe mich dieser Meinung an.

Aber paradoxerweise wird von einigen Leuten immer wieder gesagt auf V-Leute in der NPD

könnten wir nicht verzichten. Mit diesem Argument sollten wir endlich Schluss machen.

Fordern wir von unsern Bundestagsabgeordneten ALLER Parteien ein konsequentes

Vorgehen gegen die Neonazis. Ich denke, diese Forderung sollte nicht nur national, sondern

auch international, sprich in der Europäischen Union zur Sprache gebracht werden.

Handlungsbedarf ist auch dort nötig, denn die weltweite Vernetzung der Nazis ist bekannt.

Abschließend möchte ich die jungen Teilnehmer und Teilnehmerinnen auffordern die

Gedenkstätten Gestapokeller im Osnabrücker Schloss sowie die Gedenkstätte

Augusterschlacht aufzusuchen, um fehlende Informationen aufzuarbeiten. Die Gedenkstätte

Gestapokeller verfügt über 48 Tausend Karteikarten -dabei ist diese noch nicht einmal

vollständig- angelegt von der Gestapo. Hinter jeder dieser Karteikarten steht ein

menschliches Schicksal. Die Gestapo, SA, SD und SS waren auch hier relevant und aktiv.

Wie war es möglich, dass das deutsche Volk, das Volk der Dichter und Denker sich

entwickelt hat zu einem Volk der Richter und Henker?


Rede zur Demo 07.03.2009
Daniel Weß, ver.di-Jugend
Warum wir Rassismus und jede Form von Diskriminierung ablehnen …
Daniel Weß Vorsitzender ver.di Jugend Osnabrück
Wir, die ver.di Jugend setzen uns für Gleichberechtigung und gegen jede Form
von Rassismus ein. Weil jede Form von Diskriminierung unmenschlich ist. Aber
auch weil wir wissen, dass wir als Gewerkschafts- Jugend nur dann unsere
Interessen durchsetzten können, wenn wir Konkurrenz überwinden und uns
solidarisch und unabhängig von Nationalität, Herkunft, Hautfarbe, Lebensweise
oder Bekenntnis organisieren.
Rassismus spaltet uns in „Deutsch“ und „nicht Deutsch“ und macht Kolleginnen
und Kollegen die „nicht deutsch aussehen“ oder keinen deutschen Pass haben, zu
Sündenböcken.
Sie sollen Schuld sein an Weltwirtschaftskrise, Entlassungen und Sozialabbau.
Dabei sind wir alle betroffen von Arbeitslosigkeit, fehlender Perspektive und
Sozialkürzungen – egal ob nun zufällig „deutsch“ oder „nicht deutsch“.
Nur wenn wir uns nicht spalten lassen, könne wir uns gegen ungerechte
Behandlung von Mitmenschen wehren. Und nur gemeinsam können wir unsere
Ziele erreichen.
Auch in unserer Region treten Nazis immer öfter auf und versuchen alle
einzuschüchtern, die nicht in ihr Weltbild passen. Dagegen wehren wir uns.
Wir, die ver.di Jugend treten für ein anderes Modell von Zusammenleben ein.
Wir unterscheiden nicht nach Hautfarbe, Nationalität, Herkunft, Lebensweise
oder Bekenntnis. Wir wissen, dass wir bei allen Unterschieden nur gemeinsam
stark sind und nur so solidarisch unsere Interessen durchsetzen können.
Deshalb ist Antirassismus für uns auch mehr als nur eine negative Abgrenzung
gegen all das, was der Rassismus darstellt: Wir sehen es auch als unsere
Aufgabe, die Ursache von Rassismus zu bekämpfen. Unserer Meinung nach liegen
die Ursachen vor allem in gesellschaftlichen Verhältnissen begründet, die
Menschen zwingen sich tagtäglich in Konkurrenz gegeneinander zu behaupten.
Diese gesellschaftlichen Zustände sind der Nährboden für rassistisches Denken,
das die relative Bevorteilung der „Einen“ auf Kosten der „Anderen“
rechtfertigen soll.
Wir setzten uns ein für das Recht jedes Menschen, gleichberechtigt dazu zu
gehören.
Die NPD und andere Nazis treten in nächster Zeit immer häufiger auf.
Sei es durch Infostände in den Fußgängerzonen, durch Demonstrationen
wie heute oder durch das verteilen ihrer Schulhof CDs, womit sie Junge
Menschen von ihrer Ideologie überzeugen wollen.
Das können wir nicht zulassen! Ideologien, die Menschenverachtend sind, dürfen
nicht weiter verbreitet werden.
Selbst vor dem ersten Mai machen sie nicht mehr halt. Den Tag der
traditionellen Arbeiterbewegung versuchen sie auch an sich zu reißen.
Mit immer mehr Aufmärschen an „unserem“ ersten Mai wollen sie ihre
Menschenverachtenden Parolen kundtun.
Auch dieses Jahr will die NPD und „freie Kameradschaften“ wieder am 1. Mai
demonstrieren, diesmal in Hannover. Dies ist ein weiterer Versuch, sich am 1. Mai
als Vertreter der „kleinen Leute“ und „arbeitenden Menschen“ auszugeben. Der
erste Mai gehört jedoch nicht den Faschisten und Faschistinnen, sondern der
internationalen Arbeiter Arbeiterinnen und Gewerkschaftsbewegung. An diesem
Tag demonstrieren weltweit Menschen für ihre Forderungen nach einem
besseren Leben. Dabei wird nicht unterschieden, nach Herkunft, sozialer Lage
oder ob Menschen derzeit erwerbslos sind.
Wir wollen nicht, dass ein paar Braune ihre hirnrissigen Ideologien kundtun!
Das wollen wir nicht zulassen, wir haben keine Lust uns anzuhören wie sie das
Volk verhetzten, wie sie Mitmenschen diskriminieren und Gewalt gegen sie
anwenden. Nicht hier in Osnabrück und schon gar nicht am Tag der
Arbeiterbewegung den 1. Mai in Hannover. Deswegen: Kommt auch nach
Hannover und lasst uns dort gemeinsam Versuchen, den Naziaufmarsch zu
verhindern, nicht mit Gewalt sondern mit guten Argumenten und Lautstärke.
Denn wir sind viele und können mit Solidarität viel erreichen.
Die NPD muss verboten werden!
Im letzten Monat hat man noch gesehen das die NPD einer der Ursprünge
Nazistischer Gewalt und Hetzte ist. Auf einem Rastplatz haben Anhänger der
Rechten Szene eine Gewerkschaftliche Reisegruppe angegriffen und
Krankenhausreif geschlagen, die vorher an einer großen Anti-Nazi Demo in
Dresden teilgenommen hat.
Es darf nicht sein das Nazis, gegen andere Menschen, nur weil sie anders
Denken, anders aussehen, aus anderen Länder kommen oder eine andere Religion
haben, Hetzten und Gewalt anwenden.
Die NPD muss verboten werden, um Rechtsextremismus einen Nährboden zu
entziehen. Nicht in Zukunft sondern jetzt!
Wir wollen Menschlichkeit, keinen Rassismus!
Wir wollen Freiheit, keine Angst!
Wir wollen Toleranz, keine Gewalt!
Wir wollen Demokratie, keinen Faschismus!
Wir sind gegen Rechts!
Faschismus ist kein Meinung, sondern in Verbrechen!

Oberbürgermeister Boris Pistorius:
Rede anlässlich NPD-Demonstration
am 7. März
Liebe Osnabrückerinnen und Osnabrücker,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ein breites Bündnis aus allen gesellschaftlichen Kreisen unserer städtischen Gemeinschaft
ist heute zusammengekommen um zu demonstrieren: für die Freiheit in unserer
Gesellschaft, für Toleranz und interkulturellen Austausch.
Und wir sind zusammengekommen, um allen klar zu machen, dass in unserer Friedensstadt
Osnabrück Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Rassismus keinen Platz haben.
Und deswegen demonstrieren wir alle hier gemeinsam gegen den Ungeist dieser
Rechtsradikalen, die sich heute in unserer Stadt treffen.
Wir demonstrieren gegen deren Angst vor Überfremdung – wie die das nennen – und setzen
unsere Toleranz und die Menschlichkeit dagegen.
Ein machtvolles demokratisches Signal geht von unserer Demonstration aus. Dieses Signal
zieht seine Kraft daraus, dass wir uns über alle Meinungsunterschiede hinweg einig darin
sind: Wir wollen diese Rechtsradikalen in unserer Stadt nicht haben. Gewerkschafter und
Arbeitgeber, Deutsche und Migranten, Schüler, Auszubildende, Lehrer und Eltern, Christen,
Muslime und Juden: Wir sind hier, weil wir uns unsere Gesellschaft von denen nicht
kaputtmachen lassen.
So sehr ich auch bedaure, dass die NPD heute in unserer Stadt ist, so bin ich gleichfalls
nicht überrascht, dass wir Demokraten uns einig darin sind, dass die Anhänger dieser so
genannten Partei in unserer Stadt nichts zu suchen haben. Das hat auch die einstimmig
verabschiedete Resolution des Rates unmissverständlich klargemacht. In dieser Resolution
heißt es: „Wir sind der Überzeugung, dass andere Kulturen das städtische Leben bereichern.
Wir wollen aufeinander nicht mehr verzichten, weil wir uns kennen- und schätzen gelernt
haben.“
Was wir als Bereicherung empfinden – das Zusammenleben von Angehörigen zahlreicher
Nationalitäten und Kulturen – empfinden diese Rechtsradikalen als Bedrohung. Wir aber
lassen nicht zu, dass solche Typen Menschen verängstigen und bedrohen, die in unserer
Stadt friedlich leben und arbeiten.
Meine Damen und Herren,
es ist schon merkwürdig, dass diese Leute sich auf die Hermannschlacht beziehen, um ihre
Angst vor Überfremdung, ihre Angst vor Amerika und überhaupt ihre Angst vor allem, was
nicht ihren verquasten Gefühlen und ihrer Weltanschauung entspricht, zu formulieren. Für
die ist alles böse und zu bekämpfen, was für uns Chance und Perspektive bedeutet. Was für
uns Gewinn und ein Zuwachs an Lebensqualität und auch Lebensfreude ist, ist für diese
Leute ein Trauma ihrer Bunkermentalität. Und so sehen diese Leute auch unsere Welt: durch
schmale Sehschlitze versteckt hinter meterdicken Bunkermauern. Wenn sie dürften, würden
sie auf alles losgehen, was sich außerhalb ihres Bunkers in unserer Welt bewegt: So
jedenfalls muss man ihre Erklärung verstehen, mit der sie ihre Demonstration angemeldet
haben: Sie fühlen sich „tödlich“ bedroht von Feinden, denen sie mutig – wie es heißt –
entgegentreten wollen, weil sie meinen, anders untergehen zu müssen.
Diese Feinde, meine Damen und Herren, dass sind wir – wir, die wir mit anderen Kulturen
gern zusammenleben und diese als Bereicherung empfinden.
Meine Damen und Herren,
zum Glück leben wir in einer Gesellschaft, die wir gestalten und prägen. Und wir bekennen
uns zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Und wir sind 60 Jahre nach der
Gründung der Bundesrepublik Deutschland und 20 Jahre nach dem Fall der Mauer stolz auf
diese Ordnung. Dazu gehört die grundgesetzlich geschützte Meinungs- und
Demonstrationsfreiheit. Diese Freiheit wird von uns so hoch geschätzt, dass wir sie nicht
einmal denjenigen verwehren, die sie missbrauchen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es
wäre, wenn solche Rechtsradikalen andersherum darüber zu entscheiden hätten.
Ich danke Ihnen, dass Sie dem Aufruf des Bündnisses gefolgt sind und Sie sich an unserer
Demonstration beteiligt haben. Wir stehen ein für unsere Friedensstadt. Und wir werden den
Gegnern von Frieden und Freiheit unsere Stadt nicht überlassen. Weder heute noch in
Zukunft!


Rede von Generalvikar Theo Paul bei der Anti-NPD-Demo am 7. März 2009

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Kundgebung,
„Die Hermannsschlacht: 2000 Jahre Kampf gegen Überfremdung – für nationale
Selbstbestimmung“ – Wenn es nicht so traurig wäre, es wäre zum Lachen, was die
NPD unter diesem Motto veranstaltet. Sie berufen sich in ihrer Deutschtümelei auf
einen Hermann,
- den es nur als falsche Übersetzung von Arminius gibt und
- der – nach allem, was wir wissen – auch noch eine zweite Staatsbürgerschaft
besaß, das römische Bürgerrecht nämlich, und
- der neben seinem Stammesdialekt auch die damalige Weltsprache Latein beherrschte.
- Dass Arminius längere Zeit in römischen Diensten stand, ist hinreichend bekannt.
Dieser Multi-Kulti-Cherusker hätte für die heutigen Möchtegern-Germanen der NPD
nur ein Kopfschütteln übrig.
Wes Geistes Kind die Urheber dieses unsäglichen Aufrufes sind, zeigt ein Blick in
ihre Selbstdarstellung im Internet: So verunglimpfen sie dort zum Beispiel die Benennung
eines Platzes in Osnabrück. Der Platz trägt den Namen des hochverdienten
türkischen Bürgers unserer Stadt, Yilmaz Akyürek, der sich unermüdlich für die Integration
ausländischer Mitbürger und das friedliche Zusammenleben der Menschen
und Religionen eingesetzt hat. Oder sie kritisieren öffentliche Hilfen für die jüdische
Gemeinde und Synagoge in Osnabrück.
Das ist der alte braune Sumpf, aus dem Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus
erwachsen. Wir treten dem entgegen, wo immer und in welchem Gewand
auch immer diese menschenverachtenden Parolen auftauchen. Wir wissen ja alle,
dass es nicht bei dieser verbalen Gewalt bleibt. Aus den kruden Kopfgeburten werden
Übergriffe. Ich erinnere mich noch an die brennenden Häuser in Rostock-
Lichtenhagen und an die in die Flammen gebrüllten Parolen: „Deutschland den Deutschen
– Ausländer raus. “
Mit Schrecken und Verachtung habe ich gesehen, wie einige NPD-Aktivisten bei der
Demonstration für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Karmann oder auch beim Katholikentag
in Osnabrück für ihre Positionen warben. Auch darum bin ich dankbar, dass
ich hier als Vertreter der Religionen sprechen darf. Und ich sage deutlich: Holocaust-
Leugner und Rechtsradikale haben keinen Platz in unserer Gesellschaft und in unseren
Kirchen. Mit allen Christen und den Mitgliedern anderer Religionen setzen wir ein
gemeinsames eindeutiges Zeichen für Toleranz, Fremdenfreundlichkeit und Solidarität.
In der jüdisch-christlichen Tradition hat die Achtung vor dem Fremden eine herausragende
Bedeutung. Kaum ein anderes Gebot kommt dem gleich. „Mein Vater war ein
heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten und lebte dort als Fremder“ (vgl. Dtn 26,5
ff), so heißt es im Alten Testament. Er war ein Flüchtling, von seiner Rechtlosigkeit
und seiner Bedrängnis ist die Rede. Auch Jesus Christus, dieser Jude aus Palästina,
war ein Flüchtling. Schon kurz nach seiner Geburt musste er mit seinen Eltern in ein
fremdes Land fliehen. Und seine Kirche ist von jeher eine von vielen Nationen, Sprachen
und Kulturen geprägte Bewegung.
„Mein Vater war ein heimatloser Aramäer!“ Dieser Satz gilt im übertragenen Sinn
auch vielen von uns. Schauen wir doch auf die Geschichte unserer Familien, die vielfach
diese Erfahrung der Heimatlosigkeit durchlitten haben. Viele Menschen sind erst
durch Flucht und Vertreibung oder durch Wanderungsbewegungen und wirtschaftliche
Entwicklungen zu Niedersachsen geworden.
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus.
Wehret den Anfängen! Aber was können wir tun? Wir wissen, der Ausländerfeindlichkeit
ist allein mit Argumenten nur begrenzt beizukommen. Es hilft uns auch nicht,
nur über die anderen da zu schimpfen und uns einmal mehr der eigenen Redlichkeit
zu vergewissern. Ich sage: Tag für Tag müssen wir uns in Wort und Tat einsetzen
durch gelassenes, aber konsequentes rechtstaatliches, friedliches und soziales Handeln.
So müssen wir auch alles tun, damit die gegenwärtige Wirtschaftskrise nicht zu weiteren
Ängsten und Ausgrenzungen unter den Menschen führt. Ebenso brauchen wir
eine Integrationspolitik, die diesen Namen auch wirklich verdient. Flüchtlingen müssen
wir mit Menschlichkeit begegnen.
Gott sei Dank wächst unsere Welt heute immer mehr zusammen, werden Grenzen –
zumindest in Europa – durchlässiger, können die Menschen von Handel und Austausch
profitieren und voneinander lernen. Gott sei Dank werden internationale
Rechtsmaßstäbe, Organisationen und Institutionen immer bedeutender wie die Genfer
Konventionen, die Charta der Menschenrechte, der Internationale Strafgerichtshof
und die Vereinten Nationen. Der Rechtsgedanke bricht sich Bahn.
Lassen Sie mich deshalb hier in der Friedensstadt Osnabrück und der Stadt des
Westfälischen Friedens schließen mit dem sogenannten „Gebet der Vereinten Nationen“.
Es stammt aus dem Jahr 1942. Verfasst wurde es von dem amerikanischen
Schriftsteller und Pulitzer-Preis-Träger Stephen Vincent Benét (1898-1943). „The
United Nations Prayer“ war Teil einer Radioansprache von US-Präsident Franklin D.
Roosevelt im Juni 1942, in der er auf die wenige Monate zuvor unterzeichnete „Deklaration
der Vereinten Nationen“ einging.
Der Text des Gebets lautet:
„Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall.
An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen,
dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden,
nicht von Hunger und Furcht gequält,
nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.
Gib uns den Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen,
damit unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen Mensch tragen."
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
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