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Bremen - Hannover - Walsrode: wie Django, Hanebuth und Heer ihre Geschäfte machen! Übrigens hat Heer inzwischen weit über hundert ambulante Wohnwagenbordelle an Landstraßen stehen.

1. Juli 2008 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Hells Angels & Neonazis

Weser-Kurier  1.7.2008


Mit Gewalt ins Geschäft

Christine Kröger

 

„Verhältst du dich wie ’n Mann, behandel’ ich dich wie ’n Mann verhältst du dich wie ’n Arschloch, behandel’ ich dich wie ’n Arschloch.“ Er nennt sich „Django“ und kommt ruppig rüber, ruppig und geradlinig. Sprüche wie „ein Mann, ein Wort“ fallen einem ein, wenn er seinem Gegenüber fest in die Augen schaut. Der Rocker ist Jahrgang 1954, der Zopf in seinem Nacken graumeliert, der Schirm seiner Mütze zeigt nach hinten. Auf den ersten Blick wirkt er wie die Sorte Männer, die über Blutsbrüderschaft und Machogehabe am Lagerfeuer das Erwachsenwerden vergessen haben.

„Django“ heißt Rudolf Triller und ist „Vizepräsident“ des „Charter West Side“, wie sich die „Hell’s Angels“ in Bremen nennen. Bundesweit tritt er als Sprecher der „Outlaw Motorcycle Gang“ (OMCG) auf, in der die Polizei viele organisierte Kriminelle ausmacht. Er habe mal ein paar Jahre im Knast gesessen, berichtet der Vorzeigerocker ganz locker, wegen „Körperverletzung mit Todesfolge“. Für ihn offensichtlich nichts Ungewöhnliches, „so was kann passieren“.

Gereizter berichtet er von zwei anderen Verfahren gegen ihn, in denen der Tatvorwurf Vergewaltigung gelautet habe. „Völliger Quatsch, die Frauen haben gelogen.“ Warum, sagt er nicht, nur dass die mutmaßlichen Opfer „durchgeknallt“ gewesen seien. Die Ermittlungen gegen ihn seien „im Sande verlaufen“. Triller meint, Gewalt gehöre zur Natur des Menschen „wie Sex“. Gewaltfrei zu leben, hält er für „nicht natürlich“. Als „rockertypische Rohheitsdelikte“ listet die Polizei Mord, Totschlag, Körperverletzung, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung auf.

Laut den niedersächsischen Ministerien für Inneres und Justiz sind mehr als die Hälfte der OMCG-Mitglieder wegen Straftaten aktenkundig. Und immer noch sei in der Rockerkriminalität das Dunkelfeld sehr groß: „Massiv eingeschüchtert“ schweigen viele Opfer und Zeugen. Die Brutalität der Rocker richtet sich nicht nur gegen verfeindete Banden, selbst unter den organisierten kriminellen Gruppen gelten sie als die am schwersten bewaffnete. „Wo ,Hell’s Angels’ sind, sind Schusswaffen nicht weit“, sagt ein Ermittler.

Erst Anfang vergangenen Monats hat die Polizei im Bremer „Clubhaus“ fünf großkalibrige Revolver und Pistolen sichergestellt. Einen Auftragsmord nach Mafiaart konstatierten die Ermittler, als der Chef der „Hell’s Angels“ in Karlsruhe erschossen wurde. Die im Rotlichtmilieu tätigen Auftraggeber des Killers wollten das „Stadtverbot“ nicht hinnehmen, das ihnen der Rockerboss erteilt hatte. Der galt als „Kiezkönig“ von Karlsruhe. Viele Rocker sind im Rotlichtbereich aktiv, allerdings enden sie dort selten als Opfer: Unter anderem wegen Menschenraubes, Zuhälterei, Schutzgelderpressung und Drogenhandels mussten sich vor wenigen Jahren vier „Hell’s Angels“ aus den Landkreisen Diepholz, Oldenburg und Cloppenburg vor Gericht verantworten.

Die Richter verurteilten sie zu Haftstrafen zwischen sechseinhalb und zehn Jahren, der Staatsanwalt sprach von ungewöhnlich brutalen Taten. Drei Verurteilte gehörten dem Bremer „Charter“ der „Hell’s Angels“ an. Der vierte war „Fullmember“ (Mitglied) des„Charter Hannover“. Heute bittet sein „Club“ via Internet um Spenden für diesen Gewalttäter. Als Fußballgewalttäter sorgte ein anderes „Fullmember“ des „Charter Hannover“ weltweit für Schlagzeilen: Er gehörte zu der Gruppe Hooligans, die 1998 während der Weltmeisterschaft in Frankreich einen Polizisten fast zu Tode geschlagen haben.

Aus der Haft entlassen, heuerte er bei den Rockern an. Sein Geld verdient er inzwischen als Wirtschafter in einem Bordell. Für Fußball interessiert sich der „Hell’s Angel“ offenbar noch heute: Erst in der vergangenen Woche scheiterte er an der Schweizer Grenze, als er zum Halbfinale der Europameisterschaft einreisen wollte. Der Chef seines „Charter“ heißt Frank Hanebuth und gilt als europaweit mächtigster „Höllenengel“. Zugleich lässt er sich gerne als „Kiezkönig“ der niedersächsischen Landeshauptstadt feiern: Der 43-Jährige hat in den vergangenen zehn Jahren das örtliche Rotlichtquartier zur „Eventmeile“ ausgebaut.

Mehr noch als Striplokale und Bordelle locken dort Kneipen und Diskos Woche für Woche Tausende, vorwiegend junge Amüsierwillige. An den Kneipentüren stehen Männer von Hanebuths Securityfirma, viele sind zugleich bei den „Hell’s Angels“. Mit Merchandising in großem Stil will der Rockerboss nun auch die Massen für seinen „Club“ begeistern: Produkte der eingetragenen Marke „Support 81“ soll es bald weit über Hannovers Stadtgrenzen hinaus zu kaufen geben. Das Label prangt auf Getränkeflaschen mit Bier, Whiskey, Wodka, Prosecco oder „Pussy-Driver“-Sahnelikör. Auch Zigaretten tragen das an das Clubemblem angelehnte Flammenlogo. Die Zahl 81 steht für den achten und den ersten Buchstaben im Alphabet, H. A. für „Hell’s Angels“.

Mit dem Verkaufen haben die Rocker Erfahrung. Nach eigenen Angaben bieten sie „Supportware“ (Unterstützerware) schon seit ihrer Gründung 1948 an, seit 1989 allerdings nur noch mit Anspielungen auf ihr „Colour“ genanntes Clubemblem: Der geflügelte Totenkopf bleibt seither Mitgliedern vorbehalten.

 

HEER:

Auf dem Lande macht Hanebuth mit Wolfgang Heer aus Walsrode gemeinsame Sache. Heer betreibt sechs Bordelle, hinzu kommen 14 Wohnmobile, in denen ebenfalls Prostituierte arbeiten. Den „Hell’s Angels“ ist der „Kaufmann“ seit Jahrzehnten mehr als freundschaftlich verbunden: Der 63-Jährige ist an Hanebuths Securityfirma beteiligt.

Dass ein Fernsehbeitrag Heers Bordelle als „familiär geführt“ pries, kommentierte der Walsroder erfreut: TV-Werbung sei teuer, somit habe er viel Geld gespart.

 


CDU-Bürgermeisterkandidat in Hannover:

Ähnlich mag Frank Hanebuth gedacht haben, als vor einigen Jahren in einer Animierbar ein Ex-Staatssekretär und CDU-Oberbürgermeisterkandidat im Wahlkampf vor die Presse trat und lobte, wie erfolgreich der Rockerchef auf der Rotlichtmeile für Sicherheit sorge. Hanebuth selbst konnte den Auftritt nur aus der Ferne verfolgen: Verurteilt wegen gefährlicher Körperverletzung saß er in Haft.

Tatsächlich hat die Zahl der angezeigten Straftaten auf Hannovers Rotlichtmeile abgenommen – und das nicht nur dank verbesserter Polizeiarbeit. Die „ordnende Hand“ der „Hell’s Angels“ sehen viele Beamte mit großer Sorge: „Die Rocker regeln vieles selbst“, sagt einer. Zu Selbstjustiz komme „Präventionsarbeit“ der besonderen Sorte: die latente Drohung mit roher Gewalt. Immerhin ist die Stadt an der Leine für einen Auftritt wie den des Oberbürgermeisterkandidaten nicht reif. Der Christdemokrat musste seine Kandidatur zurückziehen.


In Bremen, Gespräche HA – Polizeipräsident:

In Bremen empfingen Polizeipräsident Eckard Mordhorst und sein Vertreter Michael Steines den „Präsidenten“ der hiesigen „Hell’s Angels“, Michael Wellering, nebst „Vize“ Rudolf Triller und „Sergeant at Arms“ Marcel Seidler zum Gespräch. Die drei wollten sich beschweren. Ihnen war verboten worden, in ihrem „Clubhaus“ einen tödlich verunglückten „Bruder“ stundenlang aufzubahren. Grund: mangelnde Kühlung des Leichnams. Eigentlich war für das Verbot nicht die Polizei, sondern das rechtsmedizinische Institut verantwortlich. Das Treffen habe der „Deeskalation“ gedient, erklärt Mordhorsts Sprecher Ralf Pestrup, der „Deeskalation“ und dem „gegenseitigen Kennenlernen“.

Am Ende befanden Triller und Seidler Bremens Polizeichefs als „ganz vernünftige Männer“ und „nicht so durchgeknallt wie die Berliner“. Die Bundeshauptstadt ist bekannt für ihre Null-Toleranz-Strategie gegen die OMCG. Doch auch in Hannover wäre ein Treffen wie dieses nicht denkbar, versichert die Polizeidirektion in Niedersachsens Landeshauptstadt. Marcel Seidler hat als „Sergeant at Arms“ eine wichtige Funktion im Bremer „Charter“. Den martialisch anmutenden Titel erklären die Rocker ebenso harmlos wie belesen mit der Tradition des britischen Parlaments. Dort achte der „Sergeant at Arms“ auf die „Einhaltung der Regeln“. So wenig wie im Parlament geschehe das in seinem „Club“ mit Hilfe von Waffen (arms), beteuert Triller.

Gegen Seidler aber hat die Polizei bereits wegen Gewalttaten ermittelt. Und als 2006 nach einem Überfall auf die verfeindeten „Bandidos“ in Stuhr sein „Charter“ in den Fokus der Ermittler rückte, stand er ganz oben auf ihrer Verdächtigenliste. Wie mancher Bremer „Hell’s Angel“ verdient Seidler seine Brötchen nach eigenen Angaben unter anderem als Türsteher. Andere Rocker betreiben Bordelle.

PALADINO-DISKO:

Gastronomisches Großprojekt eines „Hell’s Angel“ in Bremen ist die Diskothek „Paladino“. Dessen Betreiber zeigen die Rocker gerne öffentlich vor: Er soll Israeli, ehemaliger Waldorfschüler und Karatemeister sein. Seit 2006 ist der Gastronom auch „Fullmember“ in Hanebuths „Charter Hannover“. Wie alle OMCG werden die „Hell’s Angels“ nicht müde zu klagen, wie sehr die Polizei sie kriminalisiere. Ein Szenemagazin vergleicht die Banden, die sich selber als „Bruderschaften“ bezeichnen, mit anderen „Männergemeinschaften“, darunter auch Mönchsorden.

Dabei geben die Rocker offen zu, dass sie sich ihre eigenen Regeln schreiben. Und auch, dass sie weder etwas auf Gesetze noch auf das Gewaltmonopol des Staates geben. Schon 2002 wussten die Ministerien für Inneres und Justiz in Hannover: Die „Hell’s Angels“ tummeln sich zunehmend „in legalen Bereichen“, um „an Macht und Einfluss“ zu gewinnen – und um Geld aus kriminellen Machenschaften zu „waschen“. Mit „Wohltätigkeitsveranstaltungen“ versuche die Bande zudem, sich ein positives Image zuzulegen. „Die Rocker sollen die Bürger nicht für dumm verkaufen“, sagt ein Polizeiexperte. „Wer einen Ferrari fährt, zuckelt nicht mit Tempo 80 über die Autobahn. Genauso wenig fahren die ,Hell’s Angels’ bloß gemütlich Harley und feiern die ein oder andere feuchtfröhliche Party.“


Dieser Artikel ist am 1. Juli 2008 im Weser-Kurier erschienen

 


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