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GEW-GV-Nds. 18.6.12: Argumente gegen Privat-BBS

18. Juni 2012 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Wirtschaft

Beschluss des GV der GEW vom 18.06.2012

 

Keine Private Berufsschule in Walsrode

 

Die GEW fordert Schulträger, Kammern und die politischen Entscheidungsträger auf, sich eindeutig gegen eine Privatisierung der Berufsausbildung zu stellen und private Berufsschulen zu verhindern.

Durch die Gründung einer privaten Schule in Walsrode versucht die Firma AFP GmbH ihre Geschäftsideen auf Kosten der Allgemeinheit zu optimieren. Auch nach Gründung einer Privatschule haben die Berufsschülerinnen und Berufsschüler einen Anspruch an einer staatlichen Schule unterrichtet zu werden. Die geringe Zahl der Auszubildenden teilt sich lediglich weiter auf. Die Bildung von schulträgerübergreifen Fachklassen ist weiterhin notwendig, wird aber erschwert. Das Problem, das durch die zurückgehenden Schülerzahlen entstanden ist, löst sich durch eine private Berufsschule nicht.

Die GEW fordert das Land Niedersachsen auf, seiner Verantwortung für die Sicherung einer flächendeckenden möglichst ortsnahen Beschulung gerecht zu werden:

Dazu müssen die Vorschriften und die Budgets für die Klassenbildung der demografischen Situation angepasst und deutlich günstiger gestaltet werden. Insbesondere außerhalb der Ballungszentren sind den berufsbildenden Schulen hierfür zusätzliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Ist trotz dieser Bemühungen eine Schwerpunkt-Beschulung notwendig, sind den Schülerinnen und Schülern die Kosten die durch längere Wege zur Schule entstehen, genauso zu erstatten wie die Kosten für eine Internatsunterbringung.

Nebentätigkeiten von beamteten Lehrkräften an privaten Berufsschulen sind nach § 73 NBG zu untersagen.





Der Sachverhalt

Die Fa. Ausbildung Fortbildung Personalpartner GmbH (AFP) aus Walsrode beabsichtigt eine private Berufsschule zu gründen, ein Antrag bei der NLSchB ist gestellt.

Bisher beschränkten sich die unternehmerischen Tätigkeiten privater Schulen in der Berufsbildung im Wesentlichen auf den Bereich der Berufsfachschulen. Vollzeitausbildung im Bereich der Assistentenberufe ist und war Standard der Geschäftstätigkeit. Dazu kommt der Bereich der Berufe, die nicht im dualen System der Berufsausbildung angesiedelt sind, wie die nichtärztlichen Heilberufe und Pflegeberufe wie z. B. die Altenpflege.

Nun versucht die AFP der staatlichen Berufsschule in Walsrode Konkurrenz zu machen, indem sie für bestimmte Berufe auch den theoretischen Teil der Ausbildung, die traditionell in der Berufsschule stattfindet zu übernehmen.

Der Schulträger Heidekreis hat zwei Berufsbildende Schulen, die BBS Walsrode und die BBS Soltau. In der BBS Walsrode werden unter anderem die Chemieberufe (Chemielaborant, Chemikant) beschult. Größter Ausbildungsbetrieb ist der Chemiepark Walsrode (ehemals Wolff Walsrode AG, dann Dow Wolff Cellulosics GmbH DWC).

Die AFP GmbH

Die Wolff AG hat bereits 1992 ihre Ausbildungsaktivitäten in die A+F Aus- und Fortbildungsgesellschaft mbH ausgelagert, daraus entstand die AFP GmbH. 2007 wurde die AFP vollständige Tochter der Dow Wolff Cellulosics GmbH, 2008 stieg die Fa. OKANDO als Gesellschafter ein und übernahm ein Jahr später die AFP vollständig.

Die Fa. OKANDO besteht aus der AFP GmbH in Walsrode, der FA. Ausbildungspiloten in Hannover, Ausbildung XXL, JobSpeed in Bomlitz.

J

Hervorragendes Kosten-Nutzen-Verhältnis

 

Kosten für den Kunden

+ Vergütung des Auszubildenden

+ Dienstleistung der AFP

 

Nutzen für den Kunden

+ Kein eigenes Personal für die Ausbildung nötig

+ Keine Prozesskosten wie IHK, Unfallversicherung

+ Keine rechtlichen Probleme wie JAV oder „faktisches Arbeitsverhältnis“

+ Keine Blockade von Produktionsmitteln für die Ausbildung


obSpeed vermittelt Zeitarbeitsplätze, AusbildungXXL ist eine Internetplattform die Ausbildungsplätze vermittelt und allgemein bildende Schulen betreut, Jobtraining organisiert und damit insbesondere um eigene Kunden wirbt. Schwerpunkt der Tätigkeit ist der Umkreis um den Chemiepark Bomlitz. Die AFP als zentrale Gesellschaft vermarktet insbesondere Dienstleistungen in der Berufsausbildung der Chemieberufe. Dabei werden den Firmen gegen entsprechende Beträge Unterstützung bei der dualen Ausbildung angeboten, die Angebote reichen von klassischen Angeboten der überbetrieblichen Unterweisung bis hin zur vollständigen Ausbildung von der Bewerberauswahl bis zur Abschlussprüfung.

Zitat aus der Werbung der AFP GmbH:



Dazu werden diverse Bildungsgänge im Bereich des Dualen Studiums angeboten, meist in Zusammenarbeit mit dem Chemiepark Bomlitz und mehreren Fachhochschulen.

Klassenbildung und ortsnahe Beschulung

Nun scheint es so, dass auch in den Berufen der Chemieindustrie die Zahl der Auszubildenden rückläufig ist. Die vor einiger Zeit extra zur Standortsicherung der heimischen Wirtschaft (Chemiepark Bomlitz) aufwändig ausgestattete BBS Walsrode sieht sich mit dem Problem konfrontiert, dass es weniger Auszubildende in diesem Bereich gibt. Nach den rechtlichen Vorgaben muss jede Schülerin und jeder Schüler in der staatlichen Berufsschule beschult werden.

Die Regelungen der Klassenbildung sehen eine Mindestgröße von14 Schülerinnen und Schüler vor um budgetneutral eine Klasse zu bilden. Sind weniger Schülerinnen und Schüler vorhanden, muss das Budget durch größere Klassen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Dieses Problem betrifft immer mehr berufsbildende Schulen im Niedersachsen. Auf Dauer ist eine Beschulung von sehr kleinen Berufsgruppen problematisch. Neben der Beschulung in Berufsgruppen verwandter Berufe oder der Zusammenfassung mehrerer Ausbildungsjahre bietet sich die Schwerpunktbildung benachbarter Berufsschulen an.

Bei einer Schwerpunktbeschulung kann es sein, dass die Chemieberufe nicht mehr in Walsrode, sondern in einer schulträgerübergreifenden Fachklasse oder in einer Landesfachlasse beschult werden. Dies führt zu Belastungen für die Ausbildungsbetriebe und für die Auszubildenden. Es fallen für die Auszubildenden zusätzliche Fahrtkosten und evtl. Übernachtungskosten an.
Das Land Niedersachsen erstattet derzeit diese Kosten nicht.

In dieser Gemengelage stellt die Firma AFP aus Walsrode den Antrag eine private Berufsschule zu genehmigen. Dass sich die private Berufsschule auf die Chemieberufe beschränkt ist nicht zu erwarten, da die Aktivitäten der AFP auch andere Berufsausbildungen umfasst.

Die Situation vor Ort wird schwieriger

Vorteil für AFP:
Verhinderung der Verlagerung der Ausbildung aus ihren Geschäftsbereich und Sicherung ihrer Ausbildungsaktivitäten. Verweist die Firma AFP doch in ihren Werbeunterlagen auf die Möglichkeit des Besuchs der örtlichen Berufsschule verweist während ihre Kurse.

Finanziert werden soll die Schule im Wesentlichen über Beiträge der Ausbildungsfirmen und staatliche Zuschüsse. Das Schulgesetz sieht die Gründung von Ergänzungsschulen ausdrücklich vor, macht im Schulgesetz spezifische Auflagen, die aber im Grunde keine Möglichkeit geben, eine private Schule zu verhindern. Drei Jahre nach der Gründung hat der Träger einer Ersatzschule Anspruch auf Zuschüsse zu den Personalkosten, diese richtet sich nach der Anzahl der Schülerinnen und Schüler.

Wie die in der Region vorhandenen kleineren Ausbildungsbetriebe auf die Angebote der AFP reagieren ist nicht bekannt, es kann aber vermutet werden, dass diesen die zusätzlichen Kosten zu hoch sind und sie die Beschulung in den staatlichen Berufsschulen vorziehen. Die Probleme der rückläufigen Schülerzahlen werden schwieriger zu bewältigen, die Ausbildungssituation vor Ort wird schlechter.

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