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»Mietenwahnsinn stoppen«

31. Oktober 2011 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Wirtschaft

Hamburg: Demonstration gegen explodierende Wohnkosten am Sonnabend

Von Mirko Knoche, Hamburg
In der Geldbörse herrscht Ebbe. Hamburgs Mieter wehren sich dagegen. Am morgigen Sonnabend ziehen sie vom Millerntor durch das Schanzenviertel über St. Pauli nach Altona. Sie protestieren damit gegen die stark anziehenden Mietpreise in der Hansestadt. Ihre Demonstration führt sie durch die Szeneviertel mit den höchsten Steigerungsraten. Noch in den neunziger Jahren gehörten etwa St. Pauli und Altona zu den ärmsten Stadtteilen der Republik. Heute müssen Wohnungssuchende dort bei Neuanmietungen die höchsten Summen aufbringen.

Als ersten Schritt fordert das Bündnis »Mietenwahnsinn stoppen«, eine Mietobergrenze einzuführen. Das »Bedürfnis nach bezahlbarem Wohnraum« dürfe nicht länger dem »Profitstreben von Immobilienunternehmen« untergeordnet werden, so Bündnissprecher Maarten Thiele. Der Verein »Mieter helfen Mietern« bekundet, das Recht auf Wohnen dürfe »nicht den Marktgesetzen« unterliegen. Außerdem solle die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA/GWG künftig auf Mieterhöhungen verzichten, so Thiele.

Das Demobündnis wird maßgeblich vom »Recht auf Stadt«-Netzwerk getragen. Dessen Aktivisten wehren sich vornehmlich gegen konkrete Bauprojekte. Viele von ihnen leben in den von Aufwertung bedrohten Vierteln und fürchten Verdrängung. Außerdem sind mehrere Stadtteilzentren in der Bewegung aktiv. »Recht auf Stadt« rekrutiert sich vornehmlich aus der alternativen Szene. Anfangs gingen die Auseinandersetzungen besonders im Schanzenviertel vor allem um »Freiräume« versus »etablierte Lebensstile«. Erst in den letzten Jahren sind die rasanten Mietsteigerungen in den Vordergrund gerückt.

Besonders die Genossenschaftsidee hat viele Anhänger in der Bewegung. Tatsächlich ist rund ein Drittel der Hamburger Wohnungen in der Hand von Baugenossenschaften und der SAGA. Dennoch lautet die Forderung des »Mietenwahnsinn stoppen«-Bündnisses, Wohnraum zu vergesellschaften. Man will sich dabei aber auch »staatlicher Bevormundung« entziehen. Entsprechend beinhalten die Lösungsvorschläge der Anti-Gentrifizierungsaktivisten vor allem das Betreiben selbstverwalteter Häuser. Noch deutlicher artikulieren sich die Interessen der Mittelschicht in der häufig erhobenen Forderung, »kleinteiliges Gewerbe« anzusiedeln.

Ungewiß bleibt, ob die neue Mieterbewegung mit der morgigen Demonstration aus dem akademischen Milieu der aufgewerteten Stadtteile ausbrechen und die Masse verarmter Mieter erreichen kann. Denn noch artikulieren die Bewohnern von Arbeitervierteln außerhalb des Zentrum ihren Unmut nur zögerlich. So zogen Mieter heruntergekommener GAGFAH-Häuser im Frühjahr vor die Hamburger Geschäftsstelle des bundesweiten Unternehmens. Die GAGFAH war 2004 von der Schröder-Regierung an die US-Heuschrecke Fortress verkauft worden. Andererseits finden die Aktivitäten der innerstädtischen linken Szene etwa im Osten oder Süden Hamburgs kaum Resonanz
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